Feedback Diskussion mit Semih (Bachelor of Computer Science (B.Sc) | Diploma of Advanced Studies in General Management (DAS) | Executive Master of Business Administration(EBMA)) aus der Schweiz - Januar 2022

02.01.2022

Hi Semih,

großen Dank an Dich für die detaillierte Rückmeldung. Hier meine Antwort auf noch offene Fragen oder Anmerkungen...



Semih D.: Ansprüche an das Selbstverteidigungssystem (Seite 21) entspricht genau dem Wing Tsun…
Marcus Schüssler: falsch - genau jeder Form von Selbstverteidigung die Wirkung als Funktionsgrundlage hat. Ich weiß nicht, ob du dich mit der Terminologie des Latosa-Escrima beschäftigt hattest: Power, Timing, Balance, etc. Diese Begriffe führen den gleichen Kontext. Du darfst nicht die Welt nur mit dem Stilnamen Wing Tsun sehen – sieh die Welt mit Begriffen wie Wirkung, etc. Das schränkt weniger ein. Ein Rugby Spieler hat mehr Fähigkeiten wirklich explosiv zu sein wie jeder Kampfkünstler, ohne einer zu sein. Siehe hier: https://youtu.be/2JmLX9y62uE / https://www.youtube.com/watch?v=mZOPlHOM2r8
Semih D.: Grundsätzlich wurde jedes Kapitel so aufgebaut: Allgemein hin zur Kampfkunst Anwendung. Manchmal sind Themen nur sehr knapp erwähnt oder angeschnitten, z.B.: Muskelstimulation.
Marcus Schüssler: Grundlagen direkt mit mehr Tiefe zu versehen ist gerade in der Welt der Kampfkunst sehr kontraproduktiv. Bei meinem Seminar mit Hermann Harms mit 30 Dan Trägern waren die wirklich vereinfachten Darstellungen schon Information-Overkill. Gleiches auch in vielen anderen Begebenheiten mit anderen Vertretern. Hatte letztens ein Telefonat mit jemandem, der mich über Facebook kontaktiert hatte. Ich erklärte ihm unseren Ansatz auf Basis der Darstellungen aus dem Buch – er meinte dann er hätte noch nie jemanden wie mich getroffen und er müsste jetzt erst einmal damit schwanger gehen, weil sich alles logisch anhörte. Die Prämisse meiner 3 Lektoren: der erste war zuständig die wissenschaftliche Darstellung sprachlich auf ein allgemeingebildetes Schulniveau zu bringen (kinder- und Jugendniveau) – dieser Lektor ist Dr. der Chemie und macht nichts anderes als Lektorate.

Die beiden anderen - der eine Dr. der Physik lehrt am Gymnasium, der andere als Professor an einer Fachhochschule für Sicherheitstechnik. Die haben noch mal die fachliche Schleife als aber weitere Vereinfachungen drübergezogen. Selbst die beiden meinten, wenn es tiefer gehen würde, wäre der Effekt dieses Buches eher negativ (denk an die pseudo-wissenschaftlichen Verschwurbelungen des dir anderen bekannten Autors). Zielsetzung des Buches ist es durch vereinfachte und auf Basis eines allgemeingebildeten Schulniveau eine neue sachliche und logische Sichtweise der Kampfkünste zu etablieren. Ein Großteil der Kampfkünstler ist damit schon sehr gefordert, die Kampfkünstler mit höherem Bildungsniveau wünschen sich sehr oft mehr Tiefe – haben aber ein Problem: die einfachen sachlichen und logischen Grundlagen sind bei Ihnen im Kopf – aber nicht im Körper verankert. Sie leben 2 Welten und nehmen sich als eine wahr 😊
Semih D.: Schön finde ich, dass verschiede Zitate reingestreut wurden
Marcus Schüssler: danke. Diese Zitate dienen als Verstärker des Inhaltskerns und sollen diesen nochmal auf andere Ebene festigen.
Semih D.: Hier die Themen, denen ich mehr Zeit investiert habe...Kampfsport vs. Kampfkunst: diese Ansicht teile ich mit Dir voll und ganz. Als ich Yoseikan ausgeübt habe, war ich ein Allrounder (Hand & Fuß, Waffen, Würfe & Hebel und Bodenkampf).

Das Training war immer mit Selbstschutz (Helm, Fuß, Handschutz) ausgeübt worden. Wenn man getroffen hat oder getroffen wurde war es einem nicht bewusst, was es auf der Straße bedeuten würde. Man ging davon aus, dass wenn man auf der Straße eine Auseinandersetzung haben würde, man anders reagieren würde. Was natürlich falsch ist. Koordination ist spezifisch! Damit man den Trainingspartner nicht verletzen wollte zog man den Schlag nicht ganz durch oder berührte Ihn leicht.
Marcus Schüssler: Das ist die Krux, weil alle Kampfkünste nur psychologisch vermitteln, dass du auch im Training in einem Quasi-Wettkampf stehst wo du nicht getroffen werden darfst. Pädagogisch absolut sinnfrei, da kein Erlebnisraum für das Lernen mit Fehlern zur Verfügung gestellt wird. Deshalb sprechen wir – Sifu Olbers ebenso, wie er in seinem aktuellen Rundschreiben nochmal herausgestellt hatte – von den Lernmethodiken Wing Tsun-Escrima. Es geht um kollektives Lernen. Denk mal, wenn alle Schüler in der Schule ihre Noten nicht nach persönlicher Leistung, sondern nur nach einer Wettbewerbsumsetzung untereinander in der Klasse erhalten…so werden aber Kampfkünste heute nur noch unterrichtet. So hat der dir bekannte Autor sein Ding durchgezogen. Warum meinst du hatte sein damaliger Meisterschüler so schnell durchschlagenden Erfolg innerhalb und außerhalb dieser Lehrorganisation? Weil er körperliche Vorteile hatte, die kaum ein anderer matchen konnte. Also musste er ihm auch schnell Graduierungen geben und ihn an die Spitze stellen wie einige andere auch. Wenn es nach Verständnis ginge und sauberer Umsetzung wäre sein Meisterschüler wohl eher im unteren TG / höchsten SG Segment anzusiedeln – aber er konnte alle anderen ‚umhauen‘ = dominieren. Ergo bekam er eine Stellung. Lernen heißt persönliche und individuelle Verarbeitung des Input und Umsetzung dessen zum Output. Dabei muss nicht jeder zum Beispiel 3.Grad der Fighter schlechthin sein, den damals dieser Meisterschüler oder andere dargestellt hatten – das war die Projektion seines Lehrers.
Semih D.: Logik in der Kampfkunst

Mathematische Logik ist ja "Die Logik ist die Wissenschaft vom formal richtigen Denken.". Übersetzt heißt es, aus einer Definition folgt etwas. Beispiel: Kein Raucher lebt gesund (a). Einige Sportler rauchen (b). Also leben nicht alle Sportler gesund (c). Logisch nachvollziehbar, aber stimmt es? Logisch in der Selbstverteidigung soll nachvollziehbar sein und anwendbar sein. Die Grundlagen dürfen nicht immer wieder verändert werden, außer der Mensch als solches verändert sich (z.B: 3 Hände). Beispiel: ich habe seit ich WT betreibe gefühlt 10 Varianten vom Poon Sao erfahren. Für einen Anfänger ist das nicht logisch. Das Zitat ist hier auch gut: "Mache die Dinge so einfach wie möglich. Aber nicht einfacher!".
Marcus Schüssler: Dies wird dir in Zukunft auch noch öfter widerfahren – Poon-Sao ist eine Methodik für Körperstrukturentwicklung. Wenn du diesen Gedanken als Leitmotiv nimmst, werden sich die ‚gefühlten‘ Varianten reduzieren – aber nicht komplett. Denn bis dein Körper eine einheitliche Vorstellung und Umsetzung der Struktur unter dem Gesichtspunkt Wirkung hat vergehen Jahre. Und in diesen Jahren verändert sich die Ausführung stets durch die Veränderung deines Denkens und Fühlens.

Nimm als Beispiel: fährst du heute Auto wie zu dem Zeitpunkt als du Anfänger warst? Bestimmt nicht. Denn in den Jahren deiner Praxis hat sich deine Wahrnehmung und dein Gefühl in der Betätigung der einzelnen Bedienelemente so dermaßen verändert, dass du heue eher schon ‚autonom‘ fährst. Und autonom ist das Wort das Chi-Sao leitet: der Körper soll lernen, seine Struktur autonom an die Zwänge der Situation anzupassen – wie eine neue 2.Natur.

Zitat Bruce Lee: bevor ich mit der Kampfkunst begann, war ein Fauststoß einfach ein Fauststoß. Als ich mit der Kampfkunst begann war ein Fauststoß ein Kunstwerk. Als ich die Kampfkunst gemeistert hatte war ein Fauststoß wieder einfach nur ein Fauststoß – was er aber nicht ausgedrückt hatte war, dass dann der Fauststoß wieder einfach nur ein Fauststoß ist aber mit einer anderen, umgearbeiteten körperlichen Grundlage.
Semih D.: Grundlagen der Naturwissenschaften

Gut beschreiben. Hier wurde beschrieben warum, aber die konkrete Umsetzung fehlt. Z.B: Backup System bei Selbstverteidigung, wie wird es im konkreten gelöst?
Marcus Schüssler: Dieses Kapitel hat lediglich die Aufgabe den Gedanken der sachlich und logisch wissenschaftlichen Sichtweise in den Kampfkünsten als die einzig sinnvolle zu etablieren, denn sie ist losgelöst von Legenden, Fabeln und Mythen, Persönlichkeiten und gilt für jeden Menschen.
Semih D.: Kraftloses Kämpfen

Ich gehe davon aus, dass du das WT von dem anderen bekannten Autor ansprichst.
Marcus Schüssler: und jeder seiner Kopien bzw. auch alle die in den Kategorien ‚Weich‘ und ‚Hart‘ denken, handeln und vermitteln
Semih D.: Kämpfen ist rau & brutal. Wenn man von Natur aus ein hohes Kraftniveau hat, dann hat man eine Komponente weniger zu bearbeiten. Was aber wenn man es nicht hat, muss man sich trotzdem verteidigen können, hier hilft natürlich die Struktur, wenn man dies aufrechterhalten kann. Es gibt aber Menschen, die selbst Mühe haben die Struktur aufrecht zuhalten über eine gewisse Zeit.

Auch diese Menschen müssen sich verteidigen können, diese Menschen bedienen sich dem Mantra: kraftloses Kämpfen. Ich bin aber überzeugt, dass die Komponente Kraft von großer Bedeutung ist. Es macht alles einfacher.
Marcus Schüssler: Kraft muss eingesetzt werden zur Aufrechterhaltung der Struktur und nicht zum direkten Vergleich zwischen zwei Menschen. Wenn du dich mit der Kraft eines anderen im direkten Vergleich kämpferisch auseinandersetzt, gibt es genau 2 Optionen: Sieg (stärker) oder Niederlage (schwächer). Gleiche Kraft lässt sich nur eine kurze Zeit aufrechterhalten - dann kippt alles wieder in Sieg oder Niederlage. Wenn du aber Kraft nur in deine Struktur steckst, dann arbeitet deine Körperstruktur für dich und vergleicht sich mit der Kraft des anderen. Ähnlich einer Mauer: versuche die Mauer einzudrücken – dafür brauchst du als Mensch Kraft. Die Mauer arbeitet aber nur mit der Festigkeit ihrer Struktur, die durch verschiedenste Möglichkeiten erreicht wird – Metallstäbe innen zur Unterstützung, Mörtel, Beton in den Fugen, etc.

Was meinst du – wie lange kannst du mit voller Körperkraft gegen die Wand drücken, um sie einzudrücken bist du ausgepowert bist? Nicht lange…um also eine solche Aufgabe zu meistern nimmt der intelligente Mensch seit Jahrzehnten die Abrissbirne – Zerstörung durch Energiewirkung. Um die Abrissbirne in ihre optimale potenzielle Lage zu bringen, braucht es etwas Kraft – den Rest erledigt die Physik. Genau das sollte das Wirkprinzip sein in der Kampfkunst. Rugby Spieler machen das unbewusst – sie nutzen explosive Kraftentwicklung, um sich in Bewegung zu bringen und sozusagen durch Energiewirkung durch die ‚Mauer‘ zu laufen (Abrissbirne von vorne). Es gibt also kein ‚weich‘ oder ‚hart‘ – dies sind nur Beschreibungen einer visuellen Wahrnehmung inklusive Interpretation. In der Wissenschaft gibt es den Begriff der Festigkeit oder Härte – aber nicht den Begriff der Weichheit als wissenschaftliche Größe für Struktur in der Anwendung (Maschinenbau, Bautechnik, etc.). Maximal die Federfähigkeit oder Biegsamkeit als Ausdruck dessen, wobei diese Begriffe nach wie eine grundsätzlich vorhandene Festigkeit beinhalten.
Semih D.: Kraft

"Logische Körperstruktur kennt auch kein Alter" (S.73). Das Problem ist die Kraft nimmt im Alter ab. Wenn man nichts dagegen tut, nimmt es schneller ab, dass Gute ist die Kraft kann bis ins hohe Alter trainiert werden!
Marcus Schüssler: Das richtige Maß von Kraft für die effektive Körperstruktur ist wesentlich – was nichts anderes ist als der Begriff ‚Körperkraftgefühl‘ was Chi-Sao entwickeln soll.
Semih D.: Die Struktur kann nur mit Kraft aufrecht gehalten werden, logische Folge: die Kraft muss trainiert werden.
Marcus Schüssler: nein – siehe oben. Aber das richtige Kraftgefühl. Wenn man parallel Krafttraining macht ist das ok – aber es muss im Einklang mit dem Kraftgefühl sein.
Semih D.: Die Frage ist nun, wie? Im WT übernehmen diese Aufgabe u.a.: Doppelmesser und Langstock. Das ständige Üben mit/ohne Waffen verhilft ein gewisses Maß an Kraft und Ausdauer. Dieser Reiz stoppt den Kraftabbauprozess nicht. Es muss mehr getan werden. Hierbei geht es nicht um die Optik was man mit Krafttraining assoziiert. Was für die Kampfkunst mit Logik gemeint ist, kann man auch auf das Krafttraining übertragen.
Marcus Schüssler: Falsch – Körperkraftgefühl vergeht nicht wie die Kraft selbst. Ersetze eher den Begriff durch Körperspannung – wie im Yoga. Die Spannung wird auch durch Kraft erzeugt – aber mit dem entsprechenden Kraftfeingefühl – was GM Latosa die Balance nennt.
Semih D.: Im Sinne der 3 Kriterien (Zeit/Kosten/Qualität) muss auch die Krafttrainingsmethode gewählt werden. SiFu Olbers trainiert meines Wissens nach der Methode von Dr. Walter Packi. Es ist jedoch eine Möglichkeit von vielen. Was aber meiner Meinung nach noch viel wichtiger ist, dass man durch korrektes Krafttraining muskuläre Dysbalance ausgeglichen werden können & müssen.
Marcus Schüssler: es gibt nicht die einzige und zeitsparende Methodik – außer, wenn du bereits die Autonomie der Körperstruktur neu auf einem natürlichen Niveau etabliert haben solltest. Dann ist jede Übung Ausdruck von Funktionalität. Aber nur durch die Vielfalt beim Lernen – die ‚Techniken‘ und angelagerten Übungen, die nichts anderes sind wie Lern- und Entwicklungswerkzeuge, hast du die Möglichkeit dem Körper eine empirische Erfahrungswolke zu vermitteln, aus der der Körper nach gewissen Kriterien wie Stabilität, etc. gefühlsmäßig seine Autonomie entwickelt und aufbaut.
Semih D.: Koordination

Zitat von Werner Kieser: Trainiere die Kraft so, dass die Zielmuskulatur einen möglichst hohen Reiz erhält. Dies wird erreicht mit koordinativ anspruchslosen Ein- oder Mehrgelenkübungen gegen hohe Widerstände. Koordination dient der Beschränkung des Energieverbrauchs bei der Lösung einer Bewegungsaufgabe. Das Zentralnervensystem steuert die Zusammenarbeit der Muskeln so, dass die Bewegung mit möglichst geringem Aufwand, d.h. ohne unnötige Nebenbewegungen, gelöst wird. Diese Koordination bedarf eines mehr oder weniger aufwändigen Lernprozesses. Beispiele: Das Fassen eines Gegenstandes, der auf dem Tisch liegt, ist schnell erlernt. Bis jemand ein Klavierstück spielen kann dauert es länger.
Marcus Schüssler: Nichts hinzuzufügen
Semih D.: Gerne schließe mein Review folgenden Zitaten ab:

Einstein: - "Jede Erkenntnis muss ich mir selbst erarbeiten. Alles muss ich neu durchdenken, von Grund auf, ohne Vorurteile."
Marcus Schüssler: Nichts hinzuzufügen
Semih D.: "Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt."
Marcus Schüssler: Nichts hinzuzufügen
Semih D.: "Logik bringt dich von A nach B. Deine Phantasie bringt dich überall hin."
Marcus Schüssler: Nichts hinzuzufügen. Habe diese Zitate teilweise schon selbst öfters angeführt bei Veröffentlichungen.
Semih D.: Bruce Lee: - Knowing is not enough, we must apply. Willing is not enough, we must do.
Marcus Schüssler: Nichts hinzuzufügen
Semih D.: In diesem Sinne wünsche ich Dir guten Abend und guten Start ins neue Jahr!

Beste Grüsse - Semih
Marcus Schüssler: Good job Semih!
09.01.2022

Semih D.: Ansprüche an das Selbstverteidigungssystem (Seite 21) entspricht genau dem Wing Tsun. Grundsätzlich habe ich es so verstanden, dass in der IUEWT Wing Tsun = Latosa Escrima ist. GM Latosa benennt Struktur-Elemente anders, der Aufbau ist anderes, das End-Resultat jedoch gleich. Außer diesen Systemen ist mir nichts bekannt welches die Anforderungen erfüllt. Aber ja, theoretisch könnten auch andere Systeme diese Anforderungen erfüllen.
Marcus Schüssler: Hi Semih, lieben Dank für deine Rückmeldung...

Genau das ist das Wesen der Kampfkunstlernmethodik - man benennt es anders, der Aufbau ist anders - aber die darunterliegende Grundlage ist die Logik der Dinge und Naturwissenschaften. Das ist auch die spannende Geschichte in der IUEWT-Systematik - zwei Lernmethodiken oder Lernstile - eine Logik. Das hatte der andere bekannte Autor versucht aber damals noch nicht erkannt, da er selbst noch nicht weit genug im tieferen Verständnis des Gesamtkontext war. Als er das Verständnis hatte war Escrima (und damit GM Latosa) ein Wettbewerb…der damalige Vertreter von GM Latosa ein gefügiger Erfüllungsgehilfe, das Escrima nicht zu stark wird.

Aus dem Vorwort von Sifu Olbers in Band I: “Nach mehrjähriger Arbeit mit Escrima und Wing Tsun erkannte ich immer deutlicher: Beide befinden sich auf der gleichen logisch-systemanalytischen Ebene und sind entsprechend praktizierbar. Mein eigener Wing Tsun-Lehrer hat immer wieder zu mir gesagt: „Wing Tsun oder Escrima: Hast du eins, hast du alles.“ Auch mein Escrima-Lehrer riet mir immer wieder, das Escrima-Training zu forcieren, um mein Wing Tsun zu verbessern.“
Semih D.: Grundsätzlich wurde jedes Kapitel so aufgebaut: Allgemein hin zur Kampfkunst..

Die logischen Zusammenhänge sind schnell erfasst, der Körper braucht wesentlich länger. Ich kann nur für mich sprechen, da es ja mehrere Möglichkeiten gibt, um das Kampfkunstverständis zu erwerben. Im ersten Moment hinterfrage ich nicht, warum ich eine Bewegung machen muss, aber ich hätte gerne mehr Informationen zur Bewegung selbst. Z.B: Schwingerabwehr habe ich auf 2 Arten gelernt: Tan Sao und Fook Sao. Beide funktionieren gleich, jedoch ist die Aufnahme der einwirkenden Kraft mit Fook Sao ist für einen Anfänger einfacher. Jetzt als Anwender habe ich die Möglichkeit selbst zu entscheiden, was für mich besser ist. Ich von meiner Seite her übe gerne die einfache Art, bis ein gutes Körpergefühl entwickelt habe und erst dann versuche ich es mit der anderen Art. Step by Step. Bevor ich bei G. angefangen habe, war ich bei einer anderen Schule. Bei der Schwingerabwehr hatte ich extrem Mühe, es fehlten Informationen um erfolgreich(er) zu werden. Theorie und Praxis müssen beides gut vermittelt werden.]
Marcus Schüssler: Absolut richtige Vorgehensweise. Gerade wichtig für diejenigen, die unterrichten. Es gibt nicht den einen Lösungsansatz – aber es gibt eine situative notwendig pädagogische Herangehensweise für die effiziente Entwicklung der Schüler…beide funktionieren aber nicht ganz gleich, weil verschiedene Höhen damit stabil abgedeckt werden (Tan sehr hoch mit Wendung funktioniert leider nicht so richtig wie der Fook…und der Fook etwas tiefer nicht ganz so stabil wie der Tan – drück mal langsam dagegen and halte die beiden Positionen in jeder Höhe. Dein Körper wird dir zurückmelden was passt und was nicht.)
Marcus Schüssler: Genau das ist das Thema wieder auf den Punkt gebracht – wir sprechen deshalb auch seit Jahren nur von den Lernmethodiken IUEWT Wing Tsun-Escrima – die nehmen aber auch Impulse von allgemeinen Sportarten und anderen Lebensbereichen auf. Jeder muss dabei seine für sich empfundene optimale Lernstruktur aufbauen und sich natürlich auch selbst bewusst und fokussiert immer wieder abgleichen. Dazu gehört auch der Dialog mit dem eigenen Körper! Beispiel: wenn ich Schüler am Sandsack arbeiten lasse, erkläre ich ihnen den Sound des Auftreffens wahrzunehmen und gleichzeitig die Körperspannung, Festigkeit, das Timing bis zum Auftreffen, das Timing beim Auftreffen, das Timing zur Weiterführung der Bewegung, etc. Wenn du das bewusst machst, willst du eigentlich gar nicht mehr schlagen 😊 weil schon die gedankliche Beschäftigung was alles schiefgehen kann dich erstarrt.
Semih D.: Logik in der Kampfkunst

Ich bin einverstanden, dass sich meine Körperstruktur & mein Körpergefühl immer weiterentwickelt, was auch gut ist. Ich lerne auch anders als vor 20 Jahren, viel effizienter;-). Ich spüre auch die Veränderungen, was ich zum Ausdruck bringen will ist folgendes z.B.: Poon Sao. Salopp gesagt, beginnt das Chi Sao bei Poon Sao, sie heißt ja auch die Meisterübung. (Chi Sao beginnt eigentlich bei der ersten Berührung mit dem Gegner). Wenn man beim Rollen nicht weiterkommt, dann beginnen die Sektionen, ja? Für einen Anfänger ist es schon schwierig, dass Rollen der Arme auszuführen. Jetzt lernte ich die 1 Variante war, dass der Fook Sao vertikal bewegt und die 2. Variante horizontal. Das sind unterschiedliche Bewegungen und dabei muss ich immer achten, dass man nicht aus der Struktur kommt, ansonsten macht es bääm. Völlig klar, dass diese Unterschiede für einen Meister kein Unterschied machen, aber für einen Anfänger ist es eine große Herausforderung. Fauststoß Bruce Lee: faszinierend, wenn man es geschafft hat. Genau die körperlichen Grundlagen (Struktur, Kraft, Geschwindigkeit, Timing) alles hat sich geändert bzw. haben sich angepasst. Er hat seinen Körper bearbeitet wie er es in diesem Berühmten Interview sagt (https://www.youtube.com/watch?v=uk1lzkH-e4U : you have to train every part of your body ) Hier sieht man den Fauststoß gegenüber Joe Lewis: https://www.youtube.com/watch?v=7XS5ssBK6gY (Zeit 2:50 Joe Lewis, Bruce Lee 4:16), beeindruckend.]
Marcus Schüssler: „Chi Sao bei Poon Sao, sie heißt ja auch die Meisterübung“ – wWer genau hat das gesagt mit welcher Intention? Also – wenn eine Energiewirkung und sollte sie noch so gering sein, übertragen werden soll, dann ist ein Körperkontakt notwendig. Richtig? Heißt also in der Weiterführung des Gedankens das in dem Moment wo die Energiewirkung einer Masse (Abrissbirne als Wirkmodell) auf eine andere Masse übertragen wird (Mauer als Beispiel) ein Kontakt entsteht und damit ein Kraft-/Druckverhältnis – also Chi-Sao. Chi-Sao ist ein Entwicklungswerkzeug für den Körper, um die Festigkeitsstruktur aufzubauen und einer ständig steigernden Dynamik auch kontrolliert zu halten durch Verformung und Anpassung. Wie das Lenken beim Autofahren…

„Wenn man beim Rollen nicht weiterkommt, dann beginnen die Sektionen, ja?“ Das Rollen ist nur eine Grundübung für die Strukturentwicklung des Körpers in seiner einfachsten aber auch gleichzeitig anspruchsvollsten Form. In seiner einfachsten Form für Anfänger für einen einfachen Einstieg da zuerst einmal nur wenig Bewegungselemente eingesetzt werden, um eine Kreisbewegung zu erzeugen. Mit zunehmendem Fortschritt kommen immer mehr Aspekte hinzu, die die Kreisbewegung so klein machen, dass alles wie eine gerade Bewegung hin und her wahrnehmen lässt. Die kreisförmige Bewegung ist aber immer da. Die Sektionen sollen dir erlauben, alle möglichen Verformungen und Anpassungen der Struktur einzugehen, um immer mehr Freiheitsgrade der Bewegung unter Beibehaltung der Festigkeitsstruktur aufzubauen.
Semih D.: Kraft & Kraftloses Kämpfen

Krafttraining verändert die ursprüngliche Bewegung! Nach jedem neuen Kraftniveau müssen die Bewegungsmuster angepasst werden. Die Anpassungszeit dauert aber nicht lange, danach hat mehr Kraft plus alle anderen körperlichen Eigenschaften. Krafttraining bzw. Kraft soll meiner Meinung nach nicht mit anderen Verglichen werden. Meine Körperzusammensetzung, meine Muskelfaser oder meine Knochenlänge bzw. Hebel sind ja völlig anders! Meiner Meinung nach ist die Körperspannung mittels z.B.: Yoga ist möglich jedoch ineffizient. Krafttraining im Sinne der Gesundheit ist unausweichlich, s. Rückoperationen (8 von 10 sind überflüssig). Das hat hier nicht mit Kraftgefühlt zu tun. Die muskuläre Dysbalance kann man nicht mit Yoga wegtrainieren. Vorteile von Krafttraining sind: Körpermasse (Muskelaufbau), Kraft (Leistungssteigerung),Stützen & Halten (Stabilisierung),Muskuläre Dysbalancen (Ausgleich),Stoffwechsel (Fett-,Zucker & Eiweissstoffwechsel), Drüse (Myokine), Knochen (lebendiges Organ!), Gehirn (BDNF, brain-dervied neurotrophic factor), Herz-Kreislauf (Ausdauerleistung), Psyche (Stressabbau, Selbstwahrnehmung). Damit die Spannung verbessert wird muss der Widerstand angepasst werden, dann kann man über Chi Sao bedingt erfüllen. Es gibt nicht die einzige und zeitsparende Methodik, aber es gibt Sie. Es gibt immer einen effizienten und effektiven Weg zur Lösung eines Problems. Das ist es was wir in der IUEWT lernen, nicht wahr?

Das Beispiel mit dem Rugby Spieler, diese Spieler trainieren, ihre Explosivität & Kraft intensiv. Das Bewegungsmuster ist ihnen bewusst. Außerdem ist explosive Kraftentwicklung, Kraft ohne Muskelzuwachs bzw. Schnelligkeit kann ist trainierbar (Dr. Marco Toigo). Aber in seinem Buch sagt Dr. Toigo als man solle auch Tanzen gehen! Ich interpretiere hier, man solle seine Motorik auch trainieren, was mit Kampfkunst abgedeckt wäre ;-) Körperkraftgefühl ist auch vergänglich. Ein alter Fußballprofi, weiß wie man den Ball hart trifft, aber wenn er es nicht immer wieder übt, dann ist der Schuss nicht gleich gut wie in seinen früheren Jahren. Schlussendlich muss man immer wieder üben, das Sprichwort sagt es schön: Übung macht den Meister. Man muss es aber richtig üben, die Fehler bringen einem weiter ;-)]
Marcus Schüssler: Alles richtig was du schreibst. Alles sind Arbeitsfelder, die man ausprobieren kann und sollte, um seine persönliche Entwicklungsstruktur aufzubauen. Nicht wie Bruce Lee sagte (er meinte es glaube auch anders) und viele andere nachahmen: nimm alle Techniken in dein Repertoire, die du für dich bevorzugst. Techniken sind aber in den Kampfkünsten vereinbarte Bewegungsprozeduren, die immer einer Zielsetzung entsprechen oder diese verfolgen. Techniken müssen aber Antworten auf Anforderungen sein, die durch eine eingehende Energieeinwirkung an uns gestellt werden. Denn eine Energieeinwirkung ist real und entspringt keinem geistigen Quell 😊

„Es gibt immer einen effizienten und effektiven Weg zur Lösung eines Problems. Das ist es was wir in der IUEWT lernen, nicht wahr?“ – aber es gibt nur diese gleiche Physiognomie aller Menschen – egal ob groß oder klein, schmal oder breit – alle haben in gesundem Zustand zwei Arme und Beine. Aber auch wenn ein Körperteil nicht intakt ist, muss man sich Gedanken machen, wie man dies bestmöglich kompensiert.
16.01.2022

Semih D.:

Hallo Si Fu

Danke für die Antwort. Ich habe immer wieder Fragen oder Unklarheiten;–)

Aber ich denke für den jetztigen Zeitpunkt und die Menge der Fragen sind o.k. Jetzt muss die Theorie in die Praxis umgesetzt bzw. angewendet werden.

– WingTsun vs. Latosa Escrima

Wenn das Systemverständnis das gleiche ist, könnte ich ja auch meine Bewegungen so auslegen, dass ich nicht mehrfach etwas lernen muss, oder? Z.B: Ich könnte meinen einspurigen Stand so ausführen, dass es keinen Unterschied mehr machen müsste ob ich WT mache oder Latosa Escrima, richtig?

Meine Idealvorstellung wäre, keinen Unterschied der Bewegungen ob mit oder ohne Waffe, in seiner Anwendung. Es sollte nicht mehr heissen, ich mache jetzt Escirma oder WT, ausser bei den Formen, die sind spezifisch.

Das Medizinball training geht ja in die Richtung. Damit aber das Verständnis/Theorie komplett ist müssten die Bewegungen trotzdem benannt werden, wie Tan Sao in WT oder das selbe in Escrima wenn es sowas gibt. Bei mir ist in Escirma ist noch eine Bildungslücke hinsichtlich der Benennung der Bewegung.

Ich habe zwar keine Doppelmesser und Langsstock gehabt, aber die Bewegungen, Gewichtsübertraung usw. sehen ganz anderst als im Escrima. Zb: Der Langstock im WT ist ja 270cm und 290cm, ich habe bei Escrima niemanden gesehen, der mit so einem Langenstock trainiert, alle sind viel kürzer. Wie kann das vereint werden?
Marcus Schüssler: Hi Semih – die Funktionsweise muss für beide gleich sein – nicht die Erscheinungsform. Das ist es doch was der andere bekannte Autor von mir übernahm – Form folgt der Funktion. Eine Form ist ein Stil – also etwas persönliches oder auf eine gewisse Gruppe abgestimmt. Eine Funktion ist etwas Übergreifendes, Durchgängiges, Allgemeingültiges – für jeden Menschen. Das ist es was die Lernmethodiken Wing Tsun–Escrima aus unterschiedlichen Perspektiven dir als Lernumgebung für Entdeckung bereitstellen sollen.

Aus dem Vorwort von Sifu Olbers in Band I: “Nach mehrjähriger Arbeit mit Escrima und Wing Tsun erkannte ich immer deutlicher: Beide befinden sich auf der gleichen logisch–systemanalytischen Ebene und sind entsprechend praktizierbar. Mein eigener Wing Tsun–Lehrer hat immer wieder zu mir gesagt: „Wing Tsun oder Escrima: Hast du eins, hast du alles.“ Auch mein Escrima–Lehrer riet mir immer wieder, das Escrima–Training zu forcieren, um mein Wing Tsun zu verbessern.“
Semih D.: Chi Sao bei Poon Sao: Meisterübung

Das hat mir Gabrielle gesagt, mit folgendem dem Hintergrund: Wenn beide richtig Rollen und die "Grund"–Tests wie Jam Sao, Tan Sao und die Gegenraktion immer richtig ist, dann rollt man ewig, da es ja keine Lücke gibt. Jetzt kommen andere Bewegungen ins Spiel, wie Zug usw..

Für mich mach der Begriff insofern Sinn.
Marcus Schüssler: Ja und nein – Glas halb voll und leer. Drücken wir es so aus, das Glas halb voll und halb leer Sinn machen: am Anfang ist es nur eine rudimentäre Übung für ein rudimentäres Verständnis von Körperkraftfeingefühl, Körperstruktur und kreisförmigen Bewegungen durch minimalen Einsatz von Bewegungselementen. Mit den Jahren wird jeder diese Übung immer mehr zu einem Entwicklungswerkzeug, weil sich die Vorstellung des Körpers im Kopf immer wieder neue Ansätze liefern, die man verfolgen muss, bis sich diese wieder verändern. Dabei kann es passieren, dass man zwischendurch wieder an einen Punkt zurückkehrt, an dem man bereits war – dann muss man aber diese Erfahrungswerte in den neuen, aktuellen Kontext einbinden und daraus wieder neue Ansätze ermitteln und verfolgen. So hat mich in den letzten 20 Jahren GM Latosa begleitet – im Escrima. Was ich aber dann gemäß der ‚Transition‘ auch im Wing Tsun genauso umgesetzt hatte. Mein Ziel war die Funktionsebene geklärt zu bekommen und nicht in stilistischen Kleinkriegen und Scharmützeln zu verenden. Dies ist das Schlüsselwort ‚Discovery‘ (Entdeckung). Aber Vorsicht: diese Entdeckungsreise darf nur auf sachlicher Faktenbasis erfolgen – nicht auf Interpretationen, Legenden, Mythen oder Traditionen, weil diese Dinge rein menschliche Äußerungen von Wahrnehmungen sind. Und die sind von Mensch zu Mensch verschieden – was aber nicht schlimm ist. Denn die Lernmethodiken Wing Tsun–Escrima sollen jedem Menschen die gleiche Startbasis und gleichen Leitplanken vermitteln. Wir er selbst damit umgeht bleibt die persönliche Entscheidung eines jeden. Wenn heiße Temperaturen von dem einen Menschen als nicht angenehm und von einem anderen als unangenehm empfunden werden, dann ist dies die subjektive Wahrnehmung. Fakt ist aber: heiße Temperaturen führen bei beiden zu Flüssigkeitsverlust und haben andere eventuell negative Auswirkungen auf den Körper – vor allem wenn dies langfristig anhält. Die Tatsache der Auswirkung auf den Körper ist für alle Menschen gleich – die Wahrnehmung aufgrund von Empfindung, Herkunft, Gewöhnung, etc. nicht. Das könnte man auch als persönlichen Umgang oder Umgangsstil mit heißen Temperaturen bezeichnen. Übertrage diesen Gedanken auf die Kampfkünste und du erkennst warum es so viele Stile gibt und auch immer wieder neue erfunden werden.